Matriarchat
als artgerechte Gesellschaftsform für Menschen

Anhand von kulturvergleichenden Forschung bei noch lebendigen Matriarchaten definiert die Matriarchatsforscherin Dr. Heide Göttner-Abendroth matriarchale Gesellschaften wissenschaftlich.4

Matriarchat meint nicht Mütter- oder Frauen-Herrschaft, wie die Analogie zu Patriarchat, was Vater-Herrschaft bedeutet, nahe legt. Im Gegenteil: Bei Matriarchaten handelt es sich um herrschaftsfreie, egalitäre Gesellschaften, bei denen die Mütter im Mittelpunkt und nicht an der Spitze stehen. Sie kennen keine Herrschaftsstrukturen und kein Privateigentum. Matriarchale Kulturen halten die Balance zwischen den Geschlechtern, den Generationen und zwischen Mensch und der Natur. Matriarchate zeichnen sich durch mütterliche Werte aus, wie Fürsorge, gegenseitige Unterstützung und Friedenssicherung, die für Mann und Frau gleichermaßen gelten.5

Doris Wolf macht in ihrem Buch „Das wunderbare Vermächtnis der Steinzeit“ deutlich, welche großartigen Kulturleistungen wir nach der Sesshaftigkeit matriarchalen Kulturen verdanken:

  • Kräuter- und Heilpflanzenkunde
  • Gartenbau
  • Getreideanbau und -verarbeitung
  • Haltbarmachung von Lebensmitteln mittels Trocknen, Dörren, Salzen und Pökeln
  • Domestizieren von Wildtieren zu Haustieren für den Erhalt von Milch und Wolle
  • Spinnen, Weben, Flechten
  • die schönen Künste des Handwerks wie Töpfern, Schmuckherstellung und Lederbearbeitung
  • die Schrift11
  • das Bauen
  • die Mathematik
  • das Kalenderwesen
  • die Musik,
  • die Dichtkunst und
  • die grafischen Künste12

Begriffliche Definition von Matriarchat

Dr. Heide Göttner-Abendroth hat den Begriff Matriarchat auf seine ursprüngliche Bedeutung zurückgeführt, um ihn vom Vorurteil der „Frauenherrschaft“ zu befreien.

Der Begriff Matriarchat setzt sich zusammen aus dem lateinischen Wort mater für Mutter. Das griechische arché hat die ältere Bedeutung Anfang oder Ursprung. Dr. Heide Göttner-Abendroth übersetzt den Begriff Matriarchat folglich mit „am Anfang die Mütter„.

Sonnenuntergang im Stein-Heiligtum von Almendres
Am Anfang die Mütter im Stein-Heiligtum von Almendres

Strukturelle Definition von Matriarchat

Anhand der noch bestehenden mutter-zentrierten Gesellschaften, konnte sie diese ursprüngliche Gesellschaftsform charakterisieren:

ökonomisch: Ausgleichsgesellschaften mit Selbstversorgung

Ökonomisch gesehen sind Matriarchate Ausgleichsgesellschaften, die auf einem Austausch von Geschenken beruhen. Sie betreiben meist Garten- und Ackerbau zum Eigenbedarf. Das lässt Anastasias Zukunftstraum von blühenden Familienlandsitzen anklingen.
Matriarchal geprägte Menschen kennen keine territorialen Besitz-Ansprüche. Das Land und die Häuser gehören der ganzen Sippe im Sinne von Nutzungsrecht und werden von der Sippenmutter verwaltet und gerecht verteilt. Wohlstandsunterschiede zwischen den Sippen werden bei den vielen stattfindenden Festlichkeiten ausgeglichen, in dem eine wohlhabende Sippe das Fest ausrichtet und die Lebensgüter an alle verteilt. Als Energieausgleich erhält diese Sippe Ehre in Form von sozialem Ansehen bei den Nachbar-Sippen.

sozial: matrilineare Verwandtschaftsgesellschaften

In sozialer Hinsicht sind Matriarchate nicht-hierarchische sondern egalitäre Verwandtschaftsgesellschaften in der Mutterlinie. Die Männer bleiben in die soziale Struktur des Mutterhauses eingebunden. Sie haben somit dauerhaft die Rolle des Sohnes inne. Matriarchale Menschen leben in großen Sippen zusammen. Alle Kinder bleiben im Haus der Mutter, das je nach architektonischem Stil zwischen 10 und 100 Menschen fassen kann.

Die Partnerwahl findet zwischen benachbarten Sippen in Form einer Besuchs-Ehe statt. Dies ist eine sehr offene Ehe-Form, die auf die Nacht begrenzt ist. Matriarchale Männer sind im Haus ihren Liebhaberinnen oder Ehefrauen über Nacht nur zu Besuch. Dadurch genießen beide Geschlechter sexuelle Freiheiten. Morgens kehren die Männer wieder in das Sippen-Haus ihrer Mutter zurück, wo sie die vollen Pflichten und Rechte eines Sippenmitglieds haben.

In den noch lebenden matriarchalen Gesellschaften fand Heide Göttner-Abendroth heraus, dass dort die biologische Vaterschaft unbekannt oder bedeutungslos ist. Statt dessen üben die Männer eine Art „soziale Vaterschaft“ bei den Kindern ihrer Schwestern (Nichten und Neffen) aus, die im selben Sippen-Haus wohnen und den selben Namen tragen.
Da die Frauen die Kontrolle über die Güter haben und fest in ihre Mutter-Sippe eingebunden sind, stellt ein Partnerwechsel oder eine Schwangerschaft und Geburt kein (ökonomisches) Drama dar, wie in unserer heutigen Kleinfamilie. Vielmehr ist Matrilinearität eine stabile und unverkrampfte Art, Familien zu organisieren. Das matrilineare Verwandtschafts-System der Megalith-Kulturen war ursprünglich über den ganzen Erde verbreitet, weil es plausibel und praktisch war. 6

Erst die Römer führten den Stand der Patrizier ein, die ihren leiblichen Vater kannten. Aus diesem neuen Stand erwuchsen all die gesellschaftlichen Veränderungen und Tabus, die nötig waren, um sich der biologischen Vaterschaft wirklich sicher sein zu können. Ihnen verdanken wir das Patriarchat mit der Unterdrückung der Frauen, das uns die monogame Sexualmoral beschert hat. Die Ehe als Institution ist erst im Zuge des Patriarchats entstanden, als die Frau als Besitz des Mannes definiert wurde.

politisch: Konsens-Gesellschaften

Matriarchate zeichnen sich durch das Fehlen von Gesetzen zugunsten gelebter Bräuche aus. Diese Tatsache wird als Ausdruck eines unmittelbares Vertrauens in die vorherrschende mütterliche Gerechtigkeit und Güte gewertet.7

Politisch gesehen sind Matriarchate egalitäre Konsens-Gesellschaften, echte Basisdemokratien also. Politik wird im Mutter-Haus durch Einstimmigkeit gemacht. Über Delegierte – meist Männer, die Informationsträger aber keine Entscheidungsträger sind, werden die einstimmigen Entscheidungen an den Dorfrat und von dort weiter an den regionalen Rat getragen.
Angelegenheiten des Mutter-Hauses werden von den Frauen, Männern und Kindern ab 13 Jahren im Konsens also Einstimmigkeit geregelt. Dabei muss jedes Sippen-Mitglied Berücksichtigung finden und hat das selbe volle Stimmrecht. Matriarchate zeigen uns, wie echte Basis-Demokratie funktioniert, in der sich keine Machtgefälle oder Klassen bilden können und Minderheiten sich nicht Mehrheitsentscheidungen fügen müssen, sondern der Konsens angestrebt wird.

Bei Angelegenheiten des Dorfes treffen sich im Dorfrat keine Entscheidungsträger, sondern nur Delegierte der einzelnen Sippen-Häuser, die sich darüber austauschen, was die einzelnen Sippen beschlossen haben. Diese Delegierten halten das Kommunikationssystem im Dorf aufrecht. Sie gehen solange zwischen ihrer Sippe und dem Dorfrat hin und her, bis alle Sippen-Häuser auf Dorfebene den Konsens in Einstimmigkeit gefunden haben. Dieses System der Konsensfindung funktioniert auch noch eine Stufe höher auf regionaler Ebene. Delegierte der Dörfer oder Städte gehen solange zwischen ihrem Dorf-Rat und dem regionalen Rat hin und her, bis die Region durch alle Sippen-Häuser aller Dörfer hindurch ihre Entscheidung in Einstimmigkeit gefunden hat.

Anastasias Großvater ist ein Verfechter egalitärer Konsens-Gesellschaften, wie es sie in Russland noch lange gab. „Gott hat alle Menschen, jeden einzelnen von uns, mit gleicher Macht ausgestattet. Folglich kann nur diejenige Gesellschaftsordnung vollkommen sein, in der es keine Machtzentralisierung gibt und jeder im gleichen Maße an der Macht beteiligt ist.“8

kulturell: sakrale Kultur mit Wiedergeburtsglauben

Das Weltbild matriarchaler Gesellschaften beruht auf einem Wiedergeburtsglauben im selben Mutter-Haus. Dadurch sind Kinder heilig. Frauen werden als Lebensschöpferinnen, Ernährerinnen und Wieder-Gebärerinnen geehrt, die Tod in Leben umwandeln können.
Matriarchale Menschen denken in den Zyklen der Natur, der Sonne und des Mondes. Sie betrachten das Leben und den Tod ebenfalls zyklisch als sich ständig abwechselnde Prozesse.
Die Natur ist ihnen heilig und die Erde als Große Mutter ist göttlich. Die Große Göttin wurde als Frau gedacht und war die Ur-Mutter alles Lebendigen. Vom Menschen über die Natur bis hin zu den Sternen und dem Kosmos entsprang alles Leben dem weiblichen Prinzip. Die Göttin ist nicht im Außen oder Jenseits sondern in jedem Lebewesen und allem Lebendigen zu finden und wird nicht sonntags in der Kirche geehrt sondern in jeder Alltagshandlung, die als Ritual praktiziert wird.9

Für unsere Ahnen in der Steinzeit war Göttlichkeit weiblich. Diese Sichtweise lässt sich heutzutage noch in den Mythen indigener Völker finden. Die Cheyenne Nordamerikas kennen eine archaische Ur-Mutter, die alte Großmutter, deren Bereich da anfängt, wo die Wurzeln aufhören. Deswegen wurden Höhlen in der Steinzeit wahrscheinlich als Eingänge in das unterirdisches Reich der Großen Göttin gesehen und galten als der Schoß der Ur-Mutter, aus dem nach der Befruchtung durch den Himmelsvater mit Regen oder Blitzen alle Geschöpfe hervorgehen.10


    4 #Definition-Matriarchat

    5 https://www.hagia.de/matriarchat.html

    6 Eluan Ghazal: Schlangenkult und Tempelliebe – Kapitel 2

    7 Fester, König, Jonas: Weib und Macht – Seite 45

    8 Wladimir Megre: Anastasia-Band 8.2 – Kapitel 8

    9 https://www.matriarchiv.ch/uploads/HGA-D-Moderne-Matriarchatsforschung.pdf

    10 Wolf-Dieter Storl: Unsere Wurzeln entdecken – Seite 96 f.

    11 Doris Wolf: Das wunderbare Vermächtnis der Steinzeit – Kapitel 9

    12 Barbara Walker: Das geheime Wissen der Frauen – Mutterschaft

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